Endlich weiß ich , was mit dem Wort „anrüchig“ gemeint ist. Mein Kleiderschrank scheint in seinem vorherigen Leben mal eine Unterlage zum Holzhacken gewesen sein, während mein Nachtschrank seine Herkunft zu Apfelsinen-Kästen nicht verleugnen kann. Mit dem einzigen Kleiderbügel in meinem Schrank scheint schon mal jemand versucht zu haben, Selbstmord zu verüben. Offensichtlich erfolglos.
Ich glaube, alle Straftaten der Besucher dieser Nobel-Herberge zusammengenommen, dürften so etwa zehn Staatsanwälte zehn Jahre lang beschäftigen. Ein leichtes Gruseln hält mein Misstrauen wach. und meine Augen offen. Ich schlafe schlecht. Vielleicht die Hitze und die Umstellung. Oder das Gefühl, dass jeden Augenblick jemand ins verschlossene Zimmer kommt. Hier werde ich nicht alt, das wurde mir sehr schnell klar. Immerhin beruhigte mich der Umstand, dass noch andere Tramper dieses Rattenloch als ihr Domizil gewählt hatten. Ein altes verblasstes Schild wies die Herberge immerhin als Mitglied in einer Jugendorganisation aus.
Es hätte aber auch ein Mitgliedsnachweis vom Verein anonymer Alkoholiker sein können. So genau konnte das keiner erkennen. Was soll es. Schließlich wollte ich hier nur schlafen, so mir das gelingen sollte, aber schlafen wollte ich hier so wenig wie möglich. Dafür gab es einfach viel zu viel zu entdecken.
Das Crew-Hotel zum Beispiel. Es ist das Mariott Hotel und ein ganz schöner Gegensatz zu meiner „Nobel-Herberge“. Der Unterschied im Zimmerpreis beträgt dagegen lediglich 130 Dollar. Ein toller Blick auf den Yachthafen a la „Miami Vice“ entschädigt dafür aber allemal. Auch das Publikum ist etwas weniger angsteinflößend.
Das einzige was mir hier im Hotel Angst macht, sind die Stewardessen. Bei meinem ersten Besuch war die Angst allerdings unbegründet, da sie nicht anzutreffen waren. So hinterließ ich meine Adresse und sah mich ein bisschen um. Dass ich bei der Hitze viel trinken musste, war mir klar. Deshalb kaufte ich in einem „Supermarket“ gleich ein paar Flaschen Mineralwasser. Schließlich wusste ich nicht, ob die Wasserversorgung in meiner Nobelherberge auch für die Hygienepflege gesichert war. Natürlich hatte ich auch diesmal wieder meine Silbertabletten mit, um das Leitungswasser zu reinigen und zu entkeimen. Die leeren Wasser-Flaschen waren da willkommene Gefäße und wurden deshalb nicht weggeschmissen. Der Körper braucht ausreichend Wasser, damit sein Kühlsystem funktioniert (das Schwitzen) und man nicht irgendwann auf dem Trockenen sitzt.