Ich mag

Ich liebe grüne Bäume,

vielfarbige, duftende Blumen,

Blätter, die im Sonnenlicht funkeln.

Ein ruhiger See,

dessen seichte Wellen

langsam gegen das Ufer platschen

und die Lichtreflexe im spiegelnden Wasser.

Ein warmer Wind,

der mir sanft durch die Haare fährt

und mich meinen Körper spüren läßt.

Das Gefühl im Bauch,

geliebt zu werden.

Wer hat behauptet,

es gibt kein Paradies auf Erden?

© Mathias Bleckmann 2004

Schlechte Zeiten

Schlechte Zeiten für Kannibalen.

Gift im Menschen macht ihn ungenießbar.

Sie leiden höllische Qualen,

wünschen sich tot zu sein, es ist wahr.

Sie ist angebrochen,

die Zeit der halben Herzen.

Schon vor Jahren

begannen die ersten Schmerzen.

Die Menschheit befindet sich auf dem Prüfstand.

Der Zeitpunkt 0 ist nicht mehr fern.

Die letzten Notsignale gehen unter in der Angst.

Er möchte helfen, sogar gern,

der Helfer in letzter Instanz.

Das Unerwartete ist passiert.

Die Welt ist kurz vorm Untergang.

Nichts wird jetzt noch kaschiert,

schonungslos alles aufgedeckt.

Das Böse schließlich aufgeweckt.

Das jüngste Gericht tagt.

Die Schatten der Erde verschwinden.

Von einigen wird eine Flucht ohne Ausweg gewagt.

Es sind die geistig Blinden.

Jeder sucht verzweifelt

nach einem Anwalt des Vertrauens.

Jeder steht im Blickpunkt.

Jeder ist verantwortlich für sein Leben.

Niemandem kann man die Schuld dafür geben.

Sie werden Jesu Worte zitieren:

„denn wir wußten nicht, was wir tun“

Die Anwälte werden für Unzurechnungsfähigkeit

plädieren.

Die Köpfe qualmen, sie werden nicht ruhn.

Die Menschen sind gezeichnet

von den Spuren der Vergangenheit.

Jedem seine Hölle, jeder gibt was er kann.

Niemand war ein Unschuldslamm.

Dann vernehmen alle das Urteil:

Unendliche Einsamkeit!

Nun heißt es, was tun mit der Zeit,

mit der unsterblichen Unendlichkeit?

Es ist ein Protest gegen den Tod,

ausgesprochen von Gott.

Die Spiele ohne Sieger

sind jetzt zu ende.

Enttäuscht wurden die,

die geträumt hatten von einer Wende.

So gab es ein böses Erwachen

für die eitle Arroganz des Menschen.

Jetzt kann niemand mehr etwas machen.

Tief aus der Hölle hört man grausiges Lachen.

© Mathias Bleckmann 2004

Verloren und gefunden

Einsames Spiel-

alles gesetzt und alles verloren.

Sogar die Achtung vor mir selbst.

Alles nur halb gemacht,

nichts richtig zu ende gebracht.

Ich hatte einen Traum

und ich habe daran geglaubt.

Zu oft mich selbst belogen,

zu oft gezweifelt und andere betrogen.

Meine Seele vergewaltigt.

Wer bin ich wirklich

und wer werde ich sein?

Zu oft auf die Schnauze gefallen

und nun ist der Kopf zu schwer,

um ihn noch von der Schiene zu heben.

Aus, vorbei und am Ende.

Alles kommt mir so bekannt vor.

Die warmen Tränen,

die mir über die Wangen laufen.

Alles schon dagewesen.

Viel zu oft mit dem Schicksal gehadert.

Ein Leben randvoll

mit gescheiterten Versuchen.

Niemals das Glück gehabt,

das wirklich Wichtige zu suchen.

Tausendmal scheinbar gefunden

und immer daneben gegriffen.

Bin mir ein Leben lang

selbst fremd geblieben.

Soviel Hoffnung, so wenig Mut.

Ein leises Klopfen

kündet vom nahen Ende.

Nicht das Herz, der Zug

läßt alle Gedanken in Rauch aufgehen.

Tabula rasa-

wohltuend das Gefühl der Leere.

Schmerzlos, sogar euphorisch.

Endlich mutig

etwas selbst zu ende gebracht.

Mit jedem Meter,

den der Tod näherkommt,

die Achtung vor mir selbst

zurückgewonnen.

© Mathias Bleckmann 2004

Brot und Spiele

Mitten im Revier.

Ein Himmel voller Tauben

und Wolken wie gemalt.

Das Brot längst flüssig

und in Dosen abgefüllt.

Von Spielverderbern

aus dem Stadion verdammt.

Wer kann sich ernsthaft

Fußball ohne Bier vorstellen?

Eine Sucht, die sucht

und ihn findet.

Nirgendswo ist er mehr

zu Hause, hat er mehr

Freunde als hier.

Eine elektrisierte Menge

von Fanatikern.

Wie ein Pulverfaß, das

jeden Moment durch

einen einzigen Funken

gezündet werden kann.

Nackte Angst, die sich

in Schlachtparolen

Platz macht.

Und dann-

Gipfel der Lust: ein Tor!

Tausendfache Freude,

die sich in der ekstatischen Menge

entlädt und Konfetti regnen läßt.

Für einen kurzen Augenblick

weit weg von schmerzhafter

Arbeitslosigkeit.

Einen winzigen Moment lang

selbst das Tor geschossen.

Idole wachsen in den Himmel.

Wer jubelt wem ?

Lang ersehnte Aufmerksamkeit

endlich genossen.

Zwei feuchte Rinnsale

aus salzigem Pils

schnell versteckt hinter

Umarmungen und Freudentänze.

Einmal Mensch sein.

Angstvoller Blick zur Uhr.

Wird es reichen?

Da passiert es.

Ein Gegentor läßt Idole

wieder zu Menschen werden.

Eben ganz normale Versager,

wie Du und ich.

Längst gelernt, mit den

täglichen Niederlagen

fertigzuwerden, oder ?

Gellende Pfiffe, die wie Pfeile

nur ein Ziel kennen.

Idole werden mit Verachtung gestraft.

Selbstverachtung.

Nur die Hoffnung

läßt ihn jeden Samstag wiederkommen.

© Mathias Bleckmann 2004

Chancenlos

Völlig losgelöst

im luftleeren Raum

schwebe ich

zwischen Tod und Teufel.

Desillusioniert

und aller Chancen beraubt.

Ein Vakuum

aufgebaut aus

Verzweiflung und Mitleid,

an dem ich

zu ersticken drohe.

Wieder einmal

das Ende der Welt

in 50 Millionen Jahren

vorausgesagt.

Wen kümmert es heute?

Aller Anfang ist schwer,

doch das Ende ist  mehr.

Vor Jahren bereits

ungesetzlich

kostenpflichtig entnabelt.

Unheilschwanger

trug mich meine Mutter aus.

Doch ich wollte nicht

auf diese Welt

und ich ahnte schon warum.

Nach 14 Tagen Warten

mit Gewalt zum Verlassen

meines Mikrokosmos

gezwungen,

drängte es mich

das Licht der Welt

zu erblicken.

Empfang mit Schlägen.

Schnell stellte ich fest,

daß ich, der ich nicht

von dieser Welt scheine

auch nicht auf diese gehöre.

Kann man diesen Irrtum

rückgängig machen?

© Mathias Bleckmann 2004

Eine Unebenheit im Holz

Ein Tag vor meinem 20. Geburtstag.

Ich sitze auf der Veranda,

hoch oben in den Rocky Mountains.

Von drinnen höre ich kichernde Zärtlichkeiten.

Es ist heiß.

Ein letzter Rest Wasser  aus meinem Glas

achtlos gegen das Holz gekippt.

Es entstehen Figuren.

Ein großer Punkt, von dem

zwei Tropfen ihre Streifen nach unten ziehen.

Parallel und doch uneben.

Eine schnelle Assoziation.

Der eine Streifen bin ich,

der andere muß eine Frau sein,

aber welche?

Der Tropfen trifft auf einen Kratzer im Holz,

ändert plötzlich die Richtung und vermengt sich

mit dem anderen Streifen,

mit mir.

Aus den zwei Streifen wird ein einziger.

Er verschwindet kurz aus meinem Blick.

Zwei Sekunden später wechselt erneut das Szenario.

Die Hitze läßt das Bild zerfließen.

Das Wasser löst sich auf.

Erst die zwei Parallelstreifen-

Erinnerung an die Vergangenheit

wird ausgelöscht durch erneute Vereinigung.

Nun löst sich auch der letzte Streifen auf

– das Leben ein Kommen und Gehen.

Zuletzt verschwindet der Ausgangspunkt

– Leben und Tod.

© Mathias Bleckmann 2004

Alternative Erziehung

Die kleinen Jungen spielen wieder mit Panzer.

„Mutti, wenn ich groß bin, werde ich General,

schieße soviele Feinde ab wie möglich,

ob rot oder gelb ist mir egal!“

Wenn nur die Eltern jetzt kämen.

Der Kleine spielt mit der Katze zerstören.

„Hör damit auf“ ruft die Oma barsch.

Die Eltern sind auf dem Osterfriedensmarsch,

demonstrieren gegen Raketen und Krieg.

Zu Hause schreit der Kleine“Sieg!“

Die Katze ist tot.

Der Teppich färbt sich blutrot,

die Oma schäumt vor Wut.

Aber dem Kleinen geht es gut.

© Mathias Bleckmann 2004

Abgehauen

Sonnenschein.

Ich liege angelehnt an einen Baum,

weit weit weg von zu Hause- abgehaun.

Ich sehe in den wolkenverschmierten Himmel.

Die Sommersonne wärmt mein Gesicht

und irgendwo dahinten

wiehert ein Schimmel.

Gedanken wie ein Gedicht,

fortgetragen auf weißen Wolken.

Endlich Leben wie wir immer wollten.

Sonnenschein.

Wie schön könnte das Leben sein.

Ich liege angelehnt an einen Baum,

weit, weit weg von zu Hause

– abgehaun.

© Mathias Bleckmann 2004

Gegner

Niemals den Hauch einer Chance gehabt,

niemals wirklich fest an mich geglaubt,

niemals mir selbst eine Chance gegeben.

Niemand war strenger zu mir als ich.

Unter diesen Bedingungen

hätte auch der Beste verloren.

Hab mich ständig unter Druck gesetzt,

mir immer wieder vorgemacht,

alles getan zu haben.

Wer ist dieser Kerl,

der mir dauernd reinredet?

Was will der von mir,

etwa mein Bestes?

Jeden Annäherungsversuch von ihm

erfolgreich abgewehrt.

Sieht er nicht aus wie ich?

Und warum will er mich

dann nicht verstehen?

Er ißt das, was ich esse

und er sieht das, was ich sehe,

doch er sieht es immer anders.

Er scheint nicht von dieser Welt-

so unbestechlich hart und fehlerlos.

Sogar im Schlaf wacht er über mich.

Womit habe ich diesen Kerl verdient?

Er hat etwas unmenschliches in seinem Blick.

Ich fühle mich von ihm unterdrückt.

Woher nimmt er nur die Überzeugung,

daß alles was er macht, gut für mich wäre?

Er schickt mir Zweifel,

wenn ich Zuspruch brauche.

Er läßt mich Dinge tun,

die mir zuwider sind,

und alles in meinem Namen.

Oft habe ich darüber nachgedacht,

wie ich ihn am besten loswerden kann.

Heute Nacht ist es soweit.

Ein Mord ohne Leiche

und doch mit Folgen.

© Mathias Bleckmann 2004