Verkehrte Welt

Heiße Hunde,

die sich wurstwedelnd

über dem Feuer begrüßen.

Heringe,

die man in die Erde steckt.

Verkehrte Welt?

Verkehrte Welt!

Hamburger,

die Berliner essen.

Und Hessen,

die in Frankfurter beißen.

Weichmacher

auf die alle scharf sind.

Und Saubermacher,

die im Gulli mit ihnen

um die Wette strahlen.

Wer kennt sich da noch aus?

© Mathias Bleckmann 2004

Sterne

Ein Stern über Köln.

Bist Du das Engelchen?

Der Himmel in romantisches

Blau getaucht.

Ein Lichtermeer, das

rhythmisch aufflackert,

wie die Brandung die Wellen

an den Sandstrand einer

einsamen Insel trägt.

Eine endlose Straße,

die scheinbar ins Nichts führt,

behängt mit farbigem Licht,

das mich an Weihnachten erinnert.

Paarige gelbe Lichtpunkte,

die auf mich zurasen,

nur ab und zu gestoppt

von einem bissigen Rot.

Auf der anderen Seite

ein grelles Grün,

das die Lichtpunkte

von mir wegleitet,

zurück ins Nichts…

© Mathias Bleckmann 2004

Maßlosigkeit

Klischees, die ich längst tot glaubte,

tauchen aus der Tiefe auf

und stimmen nur zu oft.

Volle Milchtüten,

wie tote Negerkinder

weggeschmissen

zusammen mit

schlecht gewordenen Aufschnitt.

– Faules Fleisch,

das zum Himmel stinkt.

Nicht einmal achtlos weggeschmissen.

Jemand war nur zu satt,

um noch etwas zu essen.

Ich mach die Mülltonne auf.

Ein Kind sieht mich traurig an

mit seinen toten Olivenaugen.

Die dicke Kartoffelnase,

narbig und angefault.

Ein dicker, aufgedunsener Milchtütenbauch,

der über die knöchernden,

in Plastik geschweißten,

Hähnchenschenkel quillt.

Ein dunkler Bohnenmund,

wie zum Schrei geöffnet.

Ein stummer Schrei,

der aus tausend

hungrigen Mäulern schallt.

Solange soetwas noch vorkommt,

wird er stumm bleiben.

© Mathias Bleckmann 2004

Fernweh

Du sitzt am Fenster

reckst Deinen Körper

der warmen Sonne entgegen,

die zum ersten Mal wieder scheint.

Du betrachtest Deine weißen Arme

und denkst, wie braun sie noch

im letzten Sommer waren.

Du schließt die Augen

und lauschst dem Vogelgezwischer.

Du riechst das Sonnenöl,

kannst die Wärme deutlich spüren.

Und du weißt, es wird Frühling.

Aber Du weißt auch:

draußen ist es kalt.

Du freust Dich über die Sonne,

die Geborgenheit,

die sie ausstrahlt.

Du denkst nach über Dich,

Dein Leben

und die bevorstehende Reise.

Ein wichtiger Abschnitt

in Deinem Leben.

Vielleicht der Wichtigste.

Du glaubst, nur in der Sonne

existieren zu können

und ein Gefühl von Fernweh

packt dich.

Am liebsten würdest Du

jetzt schon losziehen

der Sonne entgegen,

aber es geht nicht:

draußen ist es kalt.

Aber nicht mehr lange…

Statt zu träumen,

holst Du Stift und Papier

und beginnst zu schreiben.

© Mathias Bleckmann 2004

Schadensfall

Die Herzen werden immer kleiner

pumpen um die Wette.

Hektik ohne Ende-

zum Trend der Zeit erklärt.

Augen zum Gaffen erstarrt.

Mut bis zur Bewegungslosigkeit verharrt.

Das Restrisiko

mit der Halbwertszeit verrechnet.

Der Mensch als Schadensfall

längst unterversichert.

Aber wen stört das noch ?

© Mathias Bleckmann 2004

Im Supermarkt der Welt

Was kann man nicht alles kaufen

im Supermarkt der Welt.

Du kannst Dich recht besaufen

und brauchst dafür nur Geld.

Wer fragt die Babys

wie alt sie sind,

wenn sie die Milch-

mit  der Kornflasche tauschen?

Was nützen Gesetzte,

wenn sich jetzt schon Kinder

an Drogen berauschen?

Wer zählt die Zigaretten,

die von Kinder geraucht werden

in Ketten ?

Sogar die Flüchtlinge

aus den falschen Paradiesen

kommen auf ihre Kosten.

Auf Liebe gibt es keine Garantie

-auch ein Ehering kann rosten.

© Mathias Bleckmann 2004

Mutter

Alles wird wieder gut.

Mutter, Du machst mir Mut.

Ein blutroter Faden,

der sich durch mein Leben zieht.

Die Schmerzen sind fast weg.

Was bleibt, ist die tiefe Erinnerung

und ein Mensch, der vor ihr flieht.

Ein Bild in der Zeitung.

eine flüchtige Berührung.

Ein schwacher Windhauch.

Leise Vorahnung auf die Zukunft.

Ein Blick zurück auf alles Gewesene.

Was bleibt, ist weniger als nichts

und doch mehr als alles.

© Mathias Bleckmann 2004

Eiskalter Engel

Eiskalter Engel,

Du bist so wunderschön

und sexy obendrein.

Ich wollt ich wäre mit Dir

jetzt ganz allein.

Eiskalter Händedruck

und doch eine Berührung.

Die drei Worte von Dir

lassen mein Herz zerspringen.

Ein freundliches Wort von mir

fällt in ein Lachen aus Eis.

Du stehst auf schwarz

und hast Recht.

Gespielte Freundlichkeit,

die aus tiefster Kälte kommt.

Unsere Wege können sich kreuzen,

wir werden uns gegenüberstehen,

aber wir werden uns nie

lange in die Augen sehen.

Du zeigst mir eiskalt

Deine Schulter

und um mein Herz

legt sich ein Ring aus Eis.

Jede Deiner Bewegungen

für mich in Ewigkeit erstarrt.

Und ich beginn zu frieren.

Kann meinen Blick nicht lassen

von der süßen Leichtigkeit

Deiner Bewegungen.

Du bist genau eine von den Frauen,

die ich nie heiraten würde

und die mich doch so anziehen.

Meine Träume läßt Du erstarren.

Du weist mich ab und weißt genau,

Du bindest mich nur

um so mehr an Dich.

Zwischen uns würde nie Liebe sein.

Hast längst was besseres gefunden,

doch ich weiß,

Du wirst nie glücklich sein.

© Mathias Bleckmann 2004

Träumer

Dunkelheit.

Leere, gefüllt mit Schwermut.

Musik, die ins Herz spielt.

Gedanken kreisen ohne Ende,

um dann im richtigen Augenblick

ins blühende Herz zu fallen

und zu verglühen – Schmerz.

Die Luft ist voll von unendlicher

Traurigkeit.

Auch der aufsteigende Dampf,

der ins Herz fallenden Tränen,

kann meinen Kopf nicht kühlen.

The dream is over

für einen jeden.

Wann ist irgendwann ?

Alle Schwämme dieser Welt

könnten meine Tränen nicht trocknen.

Bittere Tränen fließen zusammen

zu einem salzigen Meer,

in dem nicht nur unzählige Träume

untergegangen sind.

Was bleibt, ist der Wunsch

nach Wärme und Ausgefülltsein.

Little dreamer…

© Mathias Bleckmann 2004