Erinnerung an eine große Angst

Ein Beben riß uns mitten aus dem Traum.

Sekunden der Ungewißheit- Todesangst.

Die Welt um uns herum will einstürzen

und uns unter sich begraben.

Nur keine Angst –

wenigstens nicht allein.

Eine Umarmung, die Schutz verspricht

und Trost spendet.

Ist dies das Ende?

Soll es das schon gewesen sein?

Zitternde Knie

erobern Zentimeter um Zentimeter

verlorenen Boden zurück.

Was machen die anderen?

Lichter gehen an,

Sirenen surren durch die Nacht.

Autos werden gestartet

und springen nicht an.

Im Radio vergebens

nach Ursachen geforscht.

Wie geht es meiner Familie?

Ein Anruf bringt Sicherheit.

Nur langsam

zurück in den Schlaf gefunden.

Gewaltige Ur-Kraft

bringt den Menschen zurück

auf ein erträgliches Maß.

© Mathias Bleckmann 2004

Namenloser

Viele tausend Namen hatten wir schon für Dich

aber Du hast es vorgezogen,

ungeboren zu bleiben – als Namenloser.

Fleisch von meinem Fleisch.

Wir haben mit Dir gesprochen

und wir wußten, Du hast noch keine Ohren.

Wir haben Deine Seele gestreichelt

und haben gehofft, Du kannst uns spüren.

Mit Ultraschall bist Du gekommen

der Ultraschall hat Dich uns genommen.

Deine Entwicklung haben wir

aus Büchern vorweggenommen.

Den Gipfel der Welt

hast Du leider nie erklommen.

Nie wird Deine kleine Hand

in dieser Welt etwas begreifen.

Nie wird diese Welt durch

den Klang Deiner Stimme erfüllt.

Du hast den Mikrokosmos zu Deinem Sarg gemacht

und es vorgezogen, Dieser Welt fernzubleiben.

Eine kluge Entscheidung.

Ich werde um Dich weinen.

Und für Dich beten.

Schick Deine Seele auf Reisen,

gib ihr Flügel

auf ein Wiedersehen,

mein Kind.

© Mathias Bleckmann 2004

Bilderflut

Halt, Verkehrskontrolle!

Sie fahren ohne Profil-

wissen sie das ?

Den Lohn der langen Tage

längst als Altpapier recycled.

Obwohl, man müßte es noch sagen,

es ist wie Gift im Menschen verbreitet.

Das Ei des Kolumbus

längst als Umwelt-Omlett verbraten.

Wie lange sollen wir noch

auf die Hilfe der Engel warten ?

Ein Lächeln nimmt mich gefangen

und stürzt mich in die Unendlichkeit des Himmels.

Lange Trauerzüge wandern am Sumpf der Traurigkeit vorbei.

Es ist und bleibt  ne Lüge,

teilt mich und Dich entzwei.

Voran, voran wir schaffen s schon.

Wenn s schiefgeht- bitte: gerechter Lohn!

Zu lange und zu oft vor uns selbst geflohen,

gebetet, gehofft, gehaßt und alles verloren.

Das Hintergründige zu selten in den Vordergrund gestellt,

da hat sich zum Henker auch das Beil gesellt.

Der Kanzler hält noch kurz  ne Rede-

Lange Rede, kurzer Sinn:

wo führt der letzte Weg uns hin?

Blutgetränkte Schweißtropfen perlen von der Stirn

der Stirnlosen.

Wer hat denn eine Stirn, die er uns bieten kann?

Jeden Tag mit der Zeit totgeschlagen,

die wir uns so teuer erkauft haben.

Sollen Ausreden uns etwas ausreden

und richten Richter nur etwas an,

das die Angeklagten selbst bestellt haben?

– Mord a la carte.

Das Tuch des Schweigens peinlich ausgebreitet,

wenn Politiker auf uns einreden,

ihre Ausreden seien keine Lügen.

Wer heute nicht zuerst betrügt,

ist selbst betrogen.

Das Rad der Geschichte wird sich weiterdrehen,

nur um die Menschheit wird es nicht mehr gehen.

Vielleicht geht uns bald  ne Zündkerze auf,

damit der Vergaser uns nicht erneut vergast.

Trotz einem Katalysator hier und dort,

der „run“ auf unsere Luftwege hat längst begonnen.

Wer macht das Rennen:

Krebs, Allergie oder Asthma?

Der Keuchhusten muß erst verschnaufen, während

sich der Krebs mit einer Metastasenlänge vor den

Heuschnupfen schiebt und gewinnt.

Kaufen Sie, saufen Sie!

Profitieren geht über studieren.

Alternative Gelüste im Supermarkt der Tage

mit leichter Schonkost entsorgt.

Zu Hause vor der Flimmerkiste

die große weite Welt geborgt.

Heimliche Bilder

werden immer wilder.

Profitabel geht die Welt zugrunde.

Willenlos werden unsere heimlichen Wünsche geknackt,

angeboten im 6-er Pack.

Der Mensch, auf seine Kaufkraft reduziert,

wird von allen Seiten manipuliert.

Wer schützt uns vor dieser Bilderflut-

längst allgemein geglaubtes Gedankengut ?

Ohrwürmer, die sich festbeißen,

uns nicht mehr loslassen.

Im Preis stark reduziert: Vom Baby bis zum Greisen,

gebongt von musikalischen Registrierkassen.

© Mathias Bleckmann 2004

Kündigung

Es klingelt.

– Ein Einschreiben.

Endlich wieder Post!

Kurze, hohe Freude

stürzt tief in die

Abgründe der Angst.

-Kündigung!

Frist- und sprachlos.

Geld- die ganze Welt ist

voll davon…

und stinkt danach.

Den Wohnberechtigungsschein

für diese Welt

noch lange nicht verdient

Schwarze Gedanken

umkreisen meine

zarte Seele.

Und wohin schicke ich

meine Kündigung ?

© Mathias Bleckmann 2004

Täter

Ein Opfer gesucht,

doch nur Täter gefunden.

Ein kreativer Chaot,

der uns unsere eigenen Illusionen verkauft.

Wo ist unser aller Mutter,

die ein jeder von uns ist

und gleichzeitig wir alle?

Zu spät bemerkt, daß die Erde

sich aus sich selbst heraus bewegt.

Alle scheinen alles zu wissen,

ohne daß es ihnen einer sagt.

Verrückte Welt-

Wer hat uns bloß hier herbestellt ?

Wer hat Angst vorm Menschenkind?

-Niemand !Und warum lauft ihr dann ?

Alle Vernunft den Geisteskranken.

Wer ist schon normal,

und wer trinkt Super ?

Unser Herz zu 100% verbleit.

Die letzte Kerze

erstickt in Gedankenlosigkeit.

Es wird dunkel auf der Welt.

Durch das Ozonloch fallen bleischwer

dunstige Einsichten auf die kochende Erde,

um im selben Moment in die Unendlichkeit

des Kosmos zu verdampfen.

© Mathias Bleckmann 2004

Preis der Erfolglosigkeit

Mit einem Loch im Bauch

steh ich unter der Dusche,

hohl-

gähnende Leere.

Gedanken schießen mir

durch den Kopf.

Kann man gleichzeitig

an alles und nichts denken?

Ich dreh das Wasser auf,

heiß umfließt es meinen Körper.

Aber ich spüre nichts-

schon so abgebrüht,

schon so weit weg von allem?

Wo bleibt die erhoffte Entspannung,

dieses Fallenlassen,

diese Umarmung der Wärme?

Nichts davon-

so weit weg von allem.

Ich dreh das Wasser heißer,

noch immer kein Gefühl-

abgebrüht, gefühllos.

Wann hören sie endlich auf

diese Liebesversehen?

Wasserstrahlen treffen meinen Körper,

prallen ab, um alte Träume

und abgestreifte Gefühle

mit sich zu reißen

in das ewige Dunkel der Rohrleitungen.

Wolken schieben sich vor mein

sonniges Gemüt.

Die Zeichen stehen auf Sturm.

Wer führt schon einen

aussichtslosen Kampf,

nur um ihn zu verlieren ?

Berge von Gedankenleichen

türmen sich auf in meinem Kopf.

Gefühle sterben langsam

und der Tod kommt

auf leisen Sohlen.

Fast unbemerkt erledigt er

sein grausames Geschäft

in unseren Träumen. 

Wer, außer mir, hat mich je

begriffen, verstanden und erlöst ?

Wer, außer mir, kann meinem

Leben einen Sinn geben ?

Wer erklärt mir das Universum ?

© Mathias Bleckmann 2004

Apell an den Mut

Allein fehlt der Mut.

Nichts mehr eilt.

Schreiben tut gut.

Zu meiner Zeit.

Was einst war,

ist nicht mehr.

Die Welt ist da

und trotzdem leer.

Mut komm her.

Die Zeichen der Zeit erkannt.

Ich leiste keine Gegenwehr.

Längst aus dem Paradies verbannt.

Wer heute noch glaubt,

ist nicht zu retten.

Das Gefühl vertrieben

aus unseren Betten.

Morgen war gestern

längst vorbei

Die Quadratur des Kreises

ist das Ei.

Mut komm her.

Die Zeichen der Zeit erkannt.

Ich leiste keine Gegenwehr.

Längst aus dem Paradies verbannt.

© Mathias Bleckmann 2005

Ware Liebe

Ich habe geliebt. Mein Körper weiß, was Schmerz bedeutet. Und trotzdem werde ich immer wieder neue lieben. Ohne Leid, keine Liebe. Vor mir liegt ein Leben, daß gelebt werden will. Ich frage mich oft, ob Liebe nichts weiter als eine Illusion ist. Jemanden zu lieben, der einem Sympathie entgegen bringt, ist leicht. Aber um wie vieles schwerer ist es, eine Person zu lieben, die einem keinerlei positive Gefühle entgegen bringt? Viele Menschen haben ein so großes „ich“, daß sie dahinter kein „du“ mehr sehen können. Wenn wir jemanden lieben, der uns bestätigt, wie gut, schön und liebenswert wir sind, dann ist das so, als wenn wir unser Spiegelbild betrachten und uns daran verlieben. Wir projizieren unser Selbstbild auf eine andere Person, die es durch ihre Liebe auf uns zurück reflektiert. Wahre Liebe funktioniert anders. Liebe sollte niemals Selbstbestätigung sein. Nur wer es schafft, sein eigenes ich so weit in den Hintergrund zu rücken, daß er die Menschen um sich herum wahrzunehmen vermag, schafft die Voraussetzung für wahre Liebe.

© Mathias Bleckmann 2005

Regional Express 11156

Mein Herz sagt ja,

aber auf welche Frage?

Musste mir Mut antrinken,

damit ich es wage.

Dich anzusprechen, war keine Rolle

In Fieberwellen

übernimmst Du die Kontrolle

über jede meiner Zellen.

Verstohlene Blicke

vorsichtig hinter Papier versteckt,

haben sich verwandte Seelen

längst entdeckt.

Tausend Bilder

schießen mir durch den Kopf.

Du bist Verlockung pur,

wie für die Biene der Honigtopf,

unwiderstehlich bunte Frohnatur.

Deine Worte

gehen mir unter die Haut

Sie klingen fremd.

Und doch so vertraut.

In Deiner Nähe

beginne ich zu leben.

Noch bevor ich Dich sehe,

war ich Dir bereits ergeben.

Deine Blicke

zielen direkt in mein Herz.

Wenn Du lächelst,

vergesse ich den Schmerz.

Deine Schönheit

wickelt mich ein,

streichelt meine Seele.

Lass mich Dein Gefangener sein.

Wir kennen uns längst

aus meinen Träumen.

Um keinen Preis

wollt ich Dich versäumen.

© Mathias Bleckmann 2004